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Und was kommt nach der Schule?

Mit Experimentiertagen und Kursen speziell für Kalsse vier bis 13 will das Forschungszentrum Jülich junge Menschen für Naturwissenschaften begeistern. Wir haben einmal vorbeigeschaut.

Jülich | Der Q1-Leistungskurs Biologie der Gesamtschule Niederzier-Merzenich trägt Laborkittel, Schutzbrille und Latex-Handschuhe. Die Schülerinnen und Schüler isolieren aus einer bräunlichen Suppe in kleinen Reaktionsgefäßen Plasmide. Sie entnehmen und fügen Flüssigkeit zu, sie lassen kräftig von Zentrifugen schleudern, sie machen die kleinen, gentragenden Bakterienbausteine in einem Gel-Polster sichtbar. Mehrere Stunden sind sie damit beschäftigt – nicht in einem Fachraum ihrer Schule, sondern im Schülerlabor des Forschungszentrums Jülich, dem JuLab. Schauen sie hier in ihre Zukunft?

Ceren, Jil und Monique (v.l.) von der Gesamtschule Niederzier-Merzenich spüren im JuLab der Doppelhelix in der DNA nach.

Einmal selbst experimentieren

Manche oder mancher von ihnen vielleicht sogar in die ganz persönliche. Anika könnte sich später eine Labortätigkeit durchaus vorstellen, wenn es mit dem angestrebten Medizinstudium nicht klappt. Jeanette findet es „sehr interessant, die Experimente selbst zu machen“. Sie möchte gern Chemie studieren, kann sich aber auch eine Karriere als Chemielaborantin vorstellen. Sabrina interessiert sich für den in Deutschland bislang noch seltenen Beruf der Arzt-Assistentin. „Deshalb habe ich den Bio-Leistungskurs gewählt“, sagt sie.

Natürlich sind nicht alle Schülerinnen und Schüler, die heute im JuLab der DNA und ihrer Doppelhelix nachspüren, beruflich bereits so orientiert. Spaß haben sie aber trotzdem an diesem Experimentiertag. „Hier können wir mal selbst experimentieren. Das passiert in der Schule leider nicht oft“, erklärt Monique. Ihre Lehrerin, Vanessa Demirezen-Back, bestätigt das: „Hier können sie Dinge ausprobieren, die in der Schule nicht möglich sind – allein schon aus Zeitgründen. Es erweitert unser aktuelles Thema.“ Dafür sind sie an diesem Tag von morgens bis nachmittags am Forschungszentrum Jülich.

Mit den Experimentiertagen für Schulklassen und Kurse wendet sich das Schülerlabor an Jungen und Mädchen von der vierten bis zur 13. Klasse. „Die Themen ergeben sich aus unseren Forschungsbereichen im Forschungszentrum“, erläutert Ina Keutmann, die das Schülerlabor leitet. Es gibt also Themen aus den Bereichen Bioökonomie, Hirnforschung, Energie, Information und Klimaforschung – alles didaktisch aufbereitet und altersgerecht konzipiert. Grundschüler untersuchen beispielsweise den Boden und experimentieren mit Strom, die Mittelstufe macht eine Laborrallye oder kommt Nutzen und Gefahren der Radioaktivität auf die Spur, die Oberstufe erforscht die Technologie der Brennstoffzelle oder übt sich in Simulationsrechnen.

Natürlich möchte das Forschungszentrum damit wissenschaftlichen Nachwuchs gewinnen. Durch einen eindrucksvollen Tag im JuLab fällt die Entscheidung für ein Studium in einem der MINT-Fächer möglicherweise leichter. „Im Idealfall begeistern wir, mindestens erreichen wir eine grundsätzliche Offenheit für Naturwissenschaften und Technik“, sagt Keutmann. Durch Kontakte mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen eröffneten sich zudem Wege, von deren Existenz Kinder und Jugendliche gar nichts ahnen. „Wer weiß schon, was man studieren muss, um später in der Hirnforschung zu arbeiten? Medizin haben jedenfalls die Wenigsten studiert“, nennt die Leiterin des Schülerlabors ein Beispiel.

Laborleiter René Nork (rechts) und Marcel Weckbecker (2.v.r.) haben immer einen guten Tipp parat.

Nicht nur richtig oder falsch

Wissenschaft verstehen – auch daran ist dem JuLab in seiner Vermittlung gelegen. Und damit sind nicht gerade teils kompliziert beschriebene Erkenntnisse in einzelnen Forschungsdisziplinen gemeint. „In der Corona-Krise haben wir das medial breiter wahrgenommen: Es gibt nicht nur richtig und falsch, verschiedene wissenschaftliche Ansätze und Antworten können richtig sein. Und wissenschaftliche Aussagen können sich verändern, wenn neue Erkenntnisse gewonnen wurden“, so Keutmann. Es geht den JuLab-Leuten aber auch noch um etwas anderes: „Unsere Forschung hat gesellschaftliche Relevanz. Das wollen wir zeigen“, begründet Keutmann das Engagement des Forschungszentrums als außerschulischer Lernort. Und das gilt nicht nur für die Klima- und Energieforschung, die durch Klimakrise und Strukturwandel seit einiger Zeit in aller Munde ist. Zukunft, persönliche oder gesellschaftliche, hat viele Facetten. Im JuLab nehmen sie greifbare Formen an.

Fotos: Rauke Bornefeld