Courage-Schulen verpflichten sich, gegen Diskriminierung einzutreten. Auch eine Aachener Grundschule jetzt dabei.
Foto: Heike Lachmann
Seit 25 Jahren gibt es das Bundesprogramm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Courage-Schulen haben sich verpflichtet, sich aktiv gegen Diskriminierung, insbesondere Rassismus, einzusetzen. Auch der Wettbewerb der „Medienstunde“ greift dieses Thema auf: „Vielfalt Schule – mit Respekt“ soll in diesem Schuljahr medial ins Bild gesetzt werden. Infos zum Wettbewerb gibt es hier.
Bundesweit gibt es über 2000 Courage-Schulen, in Nordrhein-Westfalen haben 966 Schulen das schwarz-weiße Schild am Eingang oder in der Pausenhalle hängen. Im Kreis Heinsberg sind es sieben Schulen aller Schulformen, im Kreis Düren neun und in der Städteregion Aachen elf, die Teile des Netzwerks sind. Die Grundschule am Haarbach im Aachener Stadtteil Haaren bekam das Schild Anfang März und ist damit die erste Grundschule auf Aachener Stadtgebiet, die sich Courage-Schule nennen darf. „Kinder können nur gut lernen, wenn sie dies in einem guten Klima tun können“, ist Schulleiter Kai Völlink überzeugt, dass schon Grundschulkinder ein gutes Gespür für ein gelingendes soziales Miteinander haben. Und dies aber nur zustande kommt, wenn alle etwas dafür tun.
Darum geht es in den Courage-Schulen. Sie sind nicht frei von Diskriminierung und Rassismus. „Menschenfeindlichkeit ist in jeder Schule zu finden. Bildungseinrichtungen sind immer ein Abbild der Gesellschaft“, sagt Kerstin Kottmann. Sie war lange selbst Lehrerin an einem Berufskolleg und unterstützt jetzt als Regionalkoordinatorin im Kreis Düren Courage-Schulen oder die, die es werden wollen, bei der Umsetzung von Projekten oder bei Problemen. „Courage-Schulen schauen bei sich hin, wo es hakt und wie sie dem begegnen können.“ Deshalb sei das schwarz-weiße Schild auch keine Auszeichnung für in der Vergangenheit Geleistetes, sondern Ansporn, sich dem Thema Ausgrenzung und Diskriminierung immer wieder neu zu stellen.
In der Grundschule am Haarbach, die von Kindern aus rund 40 Nationen besucht wird, passiert das auf ganz unterschiedliche Weise. Es gibt Streitschlichter, die Kinder bei Konflikten zur Klärung hinzuholen können. Die rund 250 Kinder lernen gewaltfreie Konfliktlösungen, zum Beispiel die drei Stoppregeln. Sie machen dem Gegenüber ohne Prügeln klar: „Stopp, jetzt reicht es. Hör auf!“ Kinderrechte, die für alle gleich gelten, sind immer wieder Thema im Unterricht und bei Projekten. Seit neuestem gibt es die „Buddy Bench“, eine bunte Bank auf dem ersten Schulhof.
Lillie aus der zweiten Klasse hat sie schon ausprobiert. Sie hatte niemanden zum Spielen und hat sich deshalb auf die Buddy Bench gesetzt. Nur ein paar Minuten musste sie warten, bis ein neuer Spielpartner vor ihr stand. „Das war ein gutes Gefühl, als mich das Kind abgeholt hat“, erinnert sich das Mädchen. Die Idee der „Buddy Bench“ kam von den Kindern: Jemand der allein ist, kann sich darauf setzen und damit signalisieren: „Ich suche jemanden, der mit mir spielt.“
In die Familien tragen
Die anderen Kinder haben sich verpflichtet, darauf zu reagieren und das Kind abzuholen. Auch wenn das schon mal Überwindung kostet und erst mal „ein mulmiges Gefühl“ auslösen kann, wie Anton beschreibt. „Aber am Ende hat man ein gutes Gefühl, weil sich das Kind freut.“
„Kinder können früh eine tolerante Haltung entwickeln, die sie in ihre Familien tragen und die im besten Fall auf den ganzen Stadtteil wirkt“, glaubt Völlink. Da das Streben nach Respekt vor dem Anderen längst in der Schule verankert ist, war der Weg zur Selbstverpflichtung als Courage-Schule nicht mehr schwierig. Alle Mitglieder der Schulgemeinschaft sind dabei: Schülerschaft, Kollegium, sonstige Mitarbeitende in der Verwaltung, der Mensa. Der Hausmeister ist natürlich auch mit im Boot. 95 Prozent aller Menschen, die täglich in die Schule kommen, stimmten geheim für die Selbstverpflichtung. 70 Prozent wären nötig gewesen.
Immer mehr Schulen dabei
Spielt die Religion, die Hautfarbe oder die Herkunft eine Rolle beim Schließen von Freundschaften? Die Klassensprecherinnen und Klassensprecher der Grundschule am Haarbach schütteln einhellig den Kopf. Hauptsache nett. Vielleicht ganz cool, wenn er oder sie lustige Spiele kennt. Mit dieser Unvoreingenommenheit könnten sie, also kleinere Kinder, Vorbild für größere sein, die schon stärker von Populismus und Alltagsrassismus beeinflusst sind, findet Kottmann. Aber natürlich gibt es auch an Grundschulen Streit. Es kann passieren, dass Konflikte handgreiflich ausgetragen werden. Oder dass eine oder einer ausgeschlossen wird. „Ausgrenzung, Mobbing – auch das ist Diskriminierung“, betont Kottmann. „Und es kann für die Opfer weitreichende Folgen haben.“
Deshalb freut sie sich, dass sich auch immer mehr Grundschulen auf den Weg machen, Courage-Schule zu werden. „Es geht immer um Menschenrechtsbildung. Courage-Schulen beschäftigen sich damit immer wieder neu.“
Weitere Infos unter www.schule-ohne-rassismus.org.
MedienStunde Wettbewerb “Vielfalt Schule – mit Respekt”
Der MedienStunde-Wettbewerb steht in diesem Schuljahr unter dem Motto: „Vielfalt Schule – mit Respekt“. In den Kategorien Video und Text/Foto können sich Schulklassen und Kurse beteiligen. Einsendeschluss ist am 9. Juni 2021. Bewertet wird die journalistische Qualität des Beitrags, nicht die Güte des vorgestellten Projekts. Weitere Hinweise zum Medienstunde-Wettbewerb gibt es hier.